Sonntag, 10. November 2013

von strom- und wasserrechnungen ...

Die Wohnung hier in Durrës wird uns vom Arbeitgeber von Stephan zur Verfügung gestellt, weshalb wir glücklicherweise nichts mit der Miete zu tun haben. Wie in der Schweiz fallen aber auch hier Nebenkosten für Strom, Wasser und den Gebäudeunterhalt an, welche es monatlich zu bezahlen gilt. Da die staatliche albanische Post die Briefpost nicht wie bei uns in die einzelnen Haushalte verteilt, schickt die tschechische Stromfirma, die städtische Wasserversorgung und die Gebäudeverwaltung ihre eigenen Boten los, um die monatlichen Rechnungen zu den Kunden zur bringen. Uns ist es bis dato absolut schleierhaft, wie diese Boten mit den Rechnungen (die übrigens allesamt auf den Namen des Wohnungseigentümers ausgestellt sind) unsere Türe finden, denn in unserem Hochhaus gibt es weder Briefkästen, noch sind die Türen nummeriert oder namentlich beschriftet. Aber irgendwie scheint es zu funktionieren, denn gegen Monatsende werden einem jeweils die Rechnungen vor die Haustüre gelegt. Ok, es ist auch schon vorgekommen, dass ein Bote die Rechnungen für das ganze Haus einfach im Lift deponiert hat und sich dann jeder Mieter bei der nächsten Liftfahrt seine Rechnung aus dem Stapel geholt hat – vorausgesetzt er hat den Lift benutzt, in welchem die Rechnungen gelegen haben. Denn der Architekt des Hauses hat immerhin daran gedacht, zwei Lifte einzubauen. Mit dieser Strategie wird sichergestellt, dass sicher immer ein Lift funktioniert, wie uns der Verwalter stolz erläutert hat.

Wenn man dann also im Besitze seiner Rechnungen ist, geht es darum, diese zu begleichen. Grundsätzlich gäbe es offenbar die Möglichkeit der Banküberweisung, aber wiederum unser Verwalter rät aus Erfahrung davon ab, weil ihm die Bank schon mehr als einmal zwar die Überweisung belastet hat, dass Geld dem Empfänger aber nie gutgeschrieben wurde. Auch eine Einzahlung per Post scheint hier nicht üblich oder gar nicht möglich zu sein, denn die Rechnungen enthalten keinen Einzahlungsschein. Es ist also besser, wenn man die Rechnungen direkt und bar in den eigens dafür vorgesehenen Büros der einzelnen Firmen begleicht. Als Beleg erhält man dann einen Stempel in das sogenannte Librezë der jeweiligen Firma, einem kleinen Büchlein ähnlich unserem gelben Postbüchlein von anno dazumal.

Konkret bedeutet das für mich als Kunden, dass ich morgen Nachmittag alle meine Rechnungen und die Librezë packe und dann zuerst zum Büro der CEZ Shpërndarje Sh.a gehe, um dort rund 3000 Lekë oder 27 Franken für den Stromverbrauch im Oktober zu bezahlen. Glücklicherweise ist dieses Büro gleich in der Nähe. Danach geht es weiter ins Büro der Ujësjellës Kanalizime Sh.a Durrës, um dort weitere 1200 Lekë (11 Franken) für das Wasser und die Kanalisation zu bezahlen. Wo das Büro der städtischen Wasserversorgung ist, weiss ich im Moment noch nicht, aber ich werde mich durchfragen. Und bei Verständigungsproblemen kann ich ja immer noch mein Librezë der UKD zeigen und man wird mich sofort und ohne weitere Worte verstehen.

Ebenfalls unklar ist mir bis heute, wo ich meine 1000 Lekë für den allgemeinen Unterhalt (Putzen der Treppenhäuser, Reparaturen des Lifts etc.) am Gebäude begleichen kann, damit ich ordnungsgemäss einen Stempel und eine Unterschrift in mein Librezë Administrim Pallati bekomme. Ich werde wohl einfach den Verwalter anrufen und ich bin sicher, dass er neben der richtigen Antwort auch gleich noch Zeit für einen Kaffee irgend in einer Bar hat.

Sofern mir dann vor dem Feierabend der Banken noch genügend Zeit bleibt, werde ich noch die Rechnung für den privaten Gebrauch meines Geschäftswagens begleichen. Bei einem unerwartet hohen Benzinpreis von rund 1.60 bis 1.70 Franken pro Liter ist es nachvollziehbar, dass ich für jeden privat gefahrenen Kilometer 40 Lekë (rund 35 Rappen) bezahle, wobei das Benzin natürlich inbegriffen ist. Für das Benzin erhalte ich übrigens monatlich Coupons, welche ich dann an gewissen Tankstellen einlösen kann. Vielleicht weil der Prozess der Verrechnung des Privatgebrauchs von Geschäftsfahrzeugen bei meinem Arbeitgeber von Schweizern geprägt wurde, kann genau diese Rechnung atypisch nicht in bar beglichen werden und es gibt auch kein Librezë. Dafür muss ich nämlich in eine Filiale der Intesa Sanpaolo Bank Albania, um den geschuldeten Betrag auf das entsprechende Konto dieser Bank einzuzahlen.

Für Unterhaltung und Bewegung ist morgen nach der Arbeit also garantiert gesorgt. Bei aller Ironie in den Zeilen oben sollte man aber nicht vergessen, dass die genannten Nebenkosten bei einem durchschnittlichen Einkommen von knapp 300 Franken pro Monat für viele albanische Familien eine immense Belastung darstellen. Dem gegenüber scheint  die beanspruchte Zeit zur Abwicklung dieses monatlich wiederkehrenden bürokratischen Marathons fast bedeutungslos zu sein.

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