Mittwoch, 21. Mai 2014

kuriositäten aus dem alltag ...

Inzwischen war ich schon mehrmals und über längere Zeit in Albanien. Mit zunehmender Zeit verändert sich auch die Wahrnehmung und vieles ist für mich inzwischen normal und vertraut geworden. Das ist in vielen Bereichen auch gut und schont die Nerven. Trotz einem gewissen Alltagstrott gibt es aber immer wieder Situationen, in welchen mir wieder bewusst wird, dass ich eben in einem anderen Land mit einer anderen Geschichte und vor allem auch mit einer anderen Kultur zu Gast bin. Häufig sind es Situationen oder Begebenheiten, die mich verwirren, erschrecken oder nachdenklich stimmen. Glücklicherweise gibt es aber auch immer wieder Situationen, in welchen ich einfach herzhaft schmunzeln muss. Manchmal denke ich dann, dass wir bei uns in der Schweiz viele kleine Probleme ganz gross machen, obschon es doch auch ganz praktische und lebensnahe Lösungen möglich sind. Hier einige Beispiele:

Trainingsanzüge sind eine bequeme Sache. Und deshalb gehören Trainingsanzüge in allen Farben und Ausführungen zum Alltag in Albanien. Genau genommen gibt es eigentlich auch keinen vernünftigen Grund, sich nicht bequem zu kleiden. Vielleicht mit einer kleinen Ausnahme. Das Bild links zeigt einen typischen, pubertierenden und etwas machohaften Teenager, wie es sie auch bei uns in Massen gibt. Was sich aber der Junge auf dem Foto mit Sicherheit nicht bewusst ist, ist die wahre Herkunft seiner Jacke. Denn würde er diesen kennen (oder die weissen Lettern auf dem Rücken verstehen), dann würde er diese mit Bestimmtheit nicht mehr tragen!



Ein weiteres Beispiel betrifft das Parkieren. Während sich Politik und Öffentlichkeit in der Schweiz häufig über das Thema Parkplätze streiten, hat man hier schon lange Lösungen für das Platzproblem gefunden. Und sollte die erste Reihe entlang des Trottoirs bereits besetzt sein, dann nimmt man halt das Trottoir oder aber man beginnt einfach mit einer zweiten Reihe. No problem oder eben s'ka problem. Wohl bemerkt. Bei den Fahrzeugen auf dem dritten und vierten Foto handelt es sich nicht um vorbeifahrende Autos. Diese sind parkiert und die Warnblinker sind sauber eingeschaltet.

 
 

In unserem Hochhaus ist der zweite Lift seit meiner Ankunft und wohl auch schon seit Monaten oder Jahren defekt und ausser Betrieb. Was in der Schweiz schleunigst behoben würde, wird hier kurzerhand umgenutzt. Denn eigentlich ist es ganz praktisch, im Treppenhaus eine unbenutzte Ecke als Zwischendepot für leere Flaschen und Abfallsäcke zu haben. Schliesslich will man ja nicht immer gleich vom zehnten Stock auf die Strasse zum Container. Schon gar nicht, wenn einer der beiden Lifte defekt ist! Schade, dass ich fotografisch nicht alle zwölf Stockwerke gleichzeitig festhalten konnte, denn der Anblick gestaltet sich vor der Lifttüre auf jedem Stock ganz ähnlich.

In meinem letzten Beitrag habe ich bereits den Dampfabzug in unserer Wohnung vorgestellt. Nun ist uns in einem kleinen Fast Food Lokal noch ein schöneres Exemplar ins Auge gestochen. Ganz offenbar war im ursprünglichen Konzept betreffend Einbau der Küche etwas anderes vorgesehen. Aber eben, Pläne ändern und nun hängt der saugkräftige Grossküchendampfabzug hübsch über einem netten Zweiertischchen. Eigentlich auch nicht schlecht wenn man bedenkt, dass in Albanien heute noch in allen Lokalen schamlos gepafft wird was das Zeugs hält! Man beachte übrigens auch die romantische Lampe gleich neben – oder besser hinter – dem Dampfabzug.

 

Sonntag, 18. Mai 2014

von dampfabzügen ...

Ein ganz besonderes Bijou albanischer Küchenbaukunst wollen wir unserer Leserschaft nicht vorenthalten. So ein Dampfabzug ist nämlich eine praktische Sache. Wenn da oberhalb nur nicht dieses doofe Küchenkästli wäre, welches doch prompt den Abzug der Luft blockiert. Aber als Küchenbauer muss man sich hier halt zu helfen wissen! Die eher unkonventionelle, aber durchaus kreative Lösung dieses Problems ist auf den folgenden Bildern gut zu erkennen. Es ist fast überflüssig zu erwähnen, dass das Küchenkästli für seine ursprüngliche Aufgabe natürlich kaum mehr zu gebrauchen ist und dessen Innenseite permanent mit einer leicht klebrigen Schicht aus Bratfett bedeckt ist. Zum Glück haben wir noch andere Schränke in der Küche unserer Wohnung! Wir wünschen einen schönen Sonntag :-)

 

Samstag, 17. Mai 2014

kaffeekränzchen mit freunden ...

Normalerweise mangelt es uns an wenig, wenn wir in der Ferne sind. Im Gegenteil. Die Möglichkeit des tägliche Erkundens und Erlebens einer fremden Umgebung und Kultur entschädigt weit mehr als der gelegentliche Verzicht auf bekannte und wohlvertraute Annehmlichkeiten. Vieles ist in der Fremde auch einfacher, denn es gelingt uns oft besser, das Leben auf diejenigen Dinge zu konzentrieren, die wir gerne tun und die wir lieben. Etwas allerdings fehlt uns dann doch: Die Gesellschaft von guten und vertrauten Freunden aus der Heimat.

Umso schöner ist es, wenn wir jeweils Besuch von Freunden aus der Schweiz erhalten. Und letzte Woche war es wieder einmal soweit. Caro besuchte uns, nach letztem November bereits zum zweiten Mal, hier in Albanien. Und diesmal war zu unserer grossen Freude auch Momo mit dabei, womit das multikulturelle Gipfeltreffen zwischen Tunesien und der Schweiz in Albanien perfekt war. Der Start des Besuchs gestaltete sich zwar etwas harzig, weil der Flug der Beiden erst mit zwei Stunden Verspätung und damit nachts um 02.00 Uhr angekommen war. Offenbar hatte ihre Maschine in Ljubljana noch einen Flug aus Amsterdam abgewartet, um dann ein paar Jungs mitzunehmen, welche in Tirana schon von der Polizei erwartet wurden. Rückführungen bei Flügen aus dem (gelobten) Westen sind hier an der Tagesordnung.

Vroni und ich haben uns die Wartezeit kaffeetrinkend am modernen, kleinen Flughafen von Tirana um die Ohren geschlagen. Kaffeetrinkend ging es die nächsten zwei Tage dann auch weiter. Ab und zu haben wir allerdings den Kaffee schon noch mit einem feinen Raki ergänzt oder im Fall der Frauen durch einen Gin Tonic substituiert. Frischer Fisch im kleinen Fischerhafen, ein kurzer Abstecher nach Tirana und ein Besuch an der Berufsschule hatten natürlich auch Platz im Programm. Glücklicherweise war ich während Momos Shoppingattacke dann beruflich unterwegs. Vor allem aber haben wir die gemeinsame Zeit auch zum Quatschen, Tratschen und Philosophieren genutzt. Wir sind bezüglich News aus der Heimat jetzt wieder auf dem neusten Stand. Liebe Caro und lieber Momo. Es war schön, euch hier bei uns zu haben. Wir haben es sehr genossen. Danke!

Freitag, 16. Mai 2014

erinnerungen an meine lehrzeit ...

  

In vielen Berufsbildungsprojekten in Entwicklungs- und Schwellenländern stellt die aktive Mitarbeit des Privatsektors eine grosse Herausforderung dar. Häufig fehlt es an funktionierenden Berufs- oder Interessenverbänden aus der Wirtschaft, welche sich der Berufsbildung in ihrem Sektor annehmen. Firmen beklagen sich zwar über fehlende qualifizierte Fachkräfte, aber die Ausbildung von Jugendlichen wird traditionellerweise als Auftrag des Staates verstanden. Und häufig münden dann solche Bildungssysteme wie in Albanien darin, dass ein schwindelerregender Anteil von rund 80% der Jugendlichen den gymnasialen Weg einschlägt, um später an einer Universität zu studieren. Diese massive Akademisierung führt dann wiederum dazu, dass unglaublich viele studierte Juristen, Ingenieure oder Ökonomen in Supermärkten, Hotels und Bars arbeiten, weil sie in der realen Wirtschaft wegen fehlender Praxis oft nicht zu gebrauchen sind oder weil eine Nachfrage für ihre Berufsgruppe schlicht fehlt. Ausserdem führt der hohe Anteil an Studierten dazu, dass Berufslehren in der Gesellschaft leider einen schlechten schlechten Ruf geniessen. Eltern, die etwas auf sich haben, schicken ihre Kinder an die Universität (und wenn sie es vermögen noch besser an eine private Uni), aber sicher nicht in eine Berufslehre!

Neulich wurde ich aber Zeuge einer äusserst positiven Zusammenarbeit des Privatsektors mit staatlichen Bildungsinstitutionen. Ein albanischer Grossverteiler von Baubedarf lädt jährlich zehn Berufsschulen aus ganz Albanien zur Berufsolympiade ein. Angehende Sanitärinstallateure, Elektriker, Möbelschreiner, Gärtner und andere Berufe messen sich dann auf dem grossen Parkplatz des Grossverteilers während einem Tag in praktischen Arbeiten. Den Gewinnern winkt eine Gutschein von 3'000 Euro, welcher die Schule für den Bezug von dringend benötigtem Ausbildungs- und Verbrauchsmaterial verwenden kann. Das ist eine unglaublich hohe Summe für albanische Verhältnisse und entsprechend lautstark und enthusiastisch wurden die Teilnehmenden durch ihre Schulkollegen, Lehrer und gar Schuldirektoren zu Höchstleistungen angetrieben. Ab und zu wähnte ich mich eher an einem Fussballspiel.

Beim Beobachten der Elektriker wurde ich dann an meine eigene Lehrzeit erinnert, als ich und meine Kollegen in den Einführungskursen wie Kühe in Boxen unsere ersten elektrischen Installationen an die uns umgebenden Holzwände geschraubt haben. Trotz gewisser Parallelen waren aber doch einige Unterschiede auszumachen. Während Herr Wolleb, unser berüchtigter Einführungskursleiter, bei der Arbeit stets absolute Ruhe und Konzentration verlangte, wurden die Albaner den ganzen Tag massiv mit den aktuellen Hits aus den Charts beschallt. Ja, Musik darf hier nicht fehlen. Und obschon während meiner Lehre in der Schweiz das Rauchen vielerorts noch erlaubt war, hätte dies unser Herr Wolleb während der Arbeit nie und nimmer geduldet. Hier in Albanien gehört auch das dazu wie das Amen in der Kirche und die Experten der Jury oder die Lehrer machen selber gleich den Anfang. Gepafft wird wirklich immer und überall. Schmunzeln musste ich auch über die weissen Handschuhe, welche die angehenden Elektriker übergezogen hatten. Dann erinnerte ich mich aber wieder daran, wie oft ich nach getaner Arbeit noch Finger- und Handabdrücke auf Kanälen oder Tapeten reinigen musste. Da hätten mir solche Handschuhe sicher oft einen guten Dienst erwiesen.

Als Unterschied sei noch erwähnt, dass unsere damaligen Chefs mit Sicherheit uns Lehrlinge dafür verantwortlich gemacht haben, wenn Resultate oder Prüfungen nicht ganz so gut wie erhofft herausgekommen sind. Hier in Albanien protestierten nach der Bekanntgabe der Resultate einige Lehrer sehr lautstark und stellten sofort die Vertrauenswürdigkeit der Jury in Frage. Ein Handgemenge konnte dann dank geduldiger Zeitgenossen zwar vermieden werden, aber die Delegationen einiger Schulen verliessen die Veranstaltung noch während der Rangverkündigung enttäuscht und mit hängenden Köpfen. Hier scheint es (vor allem bei Lehrern) bezüglich Vorbildwirkung; Wettbewerb, Fairness und Konfliktbewältigung noch Entwicklungspotenzial nach oben zu geben. Wie dem auch sei! Die Berufsolympiade war ein toller Event und ist definitiv ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Wer weiss, wie lange es noch geht, bis eine Delegation mit Berufsleuten auch an den Berufsweltmeisterschaften teilnimmt? Die Anwesenheit der Presse und Fernsehstationen hat nicht nur den Grossverteiler als Organisator und die teilnehmenden Schüler und Schülerinnen glücklich und stolz gemacht, sondern sicher auch dazu beigetragen, dass die sonst eher schlecht angesehene Berufsbildung in einem positiven Licht dargestellt wurde. Die grosse Präsenz der Medien lässt sich zwar eher auf den angekündigten Auftritt des Ministers als auf das Thema des Events zurückführen. Aber weil in Albanien vieles kurzfristig ändert, liess sich dann auch der Minister trotz Presse durch seine Vizeministerin vertreten.

Montag, 5. Mai 2014

zurück in durrës ...

Nach der relativ stressigen Woche in Kolumbien und einem kurzen Abstecher nach Hause bin ich jetzt wieder zurück in Albanien. In den nächsten sechs Wochen werde ich innerhalb des Berufsbildungsprojekts noch verschiedene Massnahmen umsetzen, bevor dann Ende Juni 2014 die letzte Phase der Unterstützung abgeschlossen sein wird. Zurzeit bin ich noch alleine hier in Durrës, aber Veronika wird bereits am kommenden Samstag nachreisen und drei Wochen mit mir verbringen können. Ich freue mich bereits sehr :-)

Bedingt durch die vielen Reisen hat für mich das Fliegen seine ursprüngliche Faszination schon lange verloren und die Wartezeiten auf Flughäfen sind inzwischen mehr eine Qual als ein Genuss. Erwähnenswert scheint mir bei der Reise nach Albanien lediglich die nette Dame am Flughafen Zürich, welche mein Gepäck trotz Übergewicht ohne Aufstand und ohne Übergewichtzuschlag etikettiert und spediert hat. Vielleicht lag es an meiner Begründung, dass für zwei Monate Aufenthalt halt schon so einiges zusammenkommt. Vielleicht lag es aber auch an meinem verlegenen und naiven Lächeln beim Wägen des Koffers. Wie dem auch sei. Ich habe bei der Abfertigung schon ganz andere Büffel erlebt und bemerkenswerterweise waren es immer Männer.

Die Ankunft in Albanien war nach den drei wunderbaren Monaten im letzten Herbst fast ein wenig wie ein nach Hause kommen. Inzwischen kenne ich in Durrës auch ausserhalb der Arbeit ziemlich viele Leute. Zugegebenermassen beschränkt sich das Kennen eher auf das Kennen vom Sehen und der besagte Bekanntenkreis konzentriert sich vor allem auf Angestellte in Restaurants und Supermärkten. Aber auch diese eher oberflächlichen Beziehungen können sehr wertvoll sein. Oder wo sonst auf der Welt weigert sich die fürsorgliche Verkäuferin im Supermarkt beim ersten Wiedersehen, einem ein Brot zu verkaufen, wenn es doch in der Bäckerei auf der anderen Strassenseite viel frischeres zu kaufen gibt? Ja, und dann ist da die erfreuliche Geschichte mit Ledio, dem ehemaligen Kellner in unserer Stammkneipe. Er wurde letzten Herbst von seinem Chef mir nichts, dir nichts gefeuert und wir haben uns damals Sorgen gemacht, ob der plötzliche Rausschmiss wohl mit der Nähe und entstandenen Freundschaft mit uns Schweizer Stammgästen zu tun haben könnte. In den letzten Monaten hat der Chef nun seine Bar massiv ausgebaut, womit auch der Bedarf an Servicepersonal gestiegen ist. Und siehe da. Der Chef hat Ledio nach einer dreimonatigen "Pause" wieder eingestellt. Ein sehr erfreuliches Wiedersehen!

Stoff für ein ganzes Buch würde aber der Bezug meiner neuen Wohnung in Albanien liefern. Die Lage ist wiederum top. Eine Wohnung im Zentrum von Durrës, unmittelbar am Meer, mit 2 Schlafzimmern, 2 Badezimmern, einer Küche und zwei Balkone ist grundsätzlich einfach genial. Leider aber war die Wohnung ganz offenbar längere Zeit nicht bewohnt (was bei einem extremen Bauboom und entsprechendem Überangebot an Wohnungen in Albanien nicht weiter verwunderlich ist) und deshalb bin ich einem akuten Ersticken an Staublunge in der ersten Nacht nur knapp entkommen. Von insgesamt sieben Lampen in der Wohnung versagten zudem deren fünf ihren Dienst und auch die sanitären Einrichtungen wiesen deutliche Standschäden auf. Wobei, ob es sich hierbei wirklich nur um Standschäden handelt, wage ich zu bezweifeln. Denn eigentlich ist es hier ganz normal, dass in Toiletten und Duschen das Wasser dort tropft oder herausspritzt, wo es eigentlich nicht sollte. Und dort wo es dafür soll, kommt häufig nix! Zum Glück gibt es in der Mitte jedes Badezimmers und jeder Toilette einen zentralen Abfluss. Und wenn dann der Plattenleger das Gefälle auch richtig nivelliert hat, fliesst das im ganzen Raum verspritzte Wasser wenigstens durch diesen Abfluss ab.

Der "leicht" angestaubte Zustand der Wohnung hat mich wohl oder übel dazu gezwungen, die ersten Tage mehrheitlich damit zu verbringen, Putzmaterial und Ersatzteile zu besorgen und die Wohnung auf Vordermann zu bringen. Inzwischen ist der Staub weg gemobbt, brennt in jedem Zimmer mindestens eine Lampe (was vor allem nachts von Vorteil ist), sind die meisten Abflussrohre entstopft oder gegebenenfalls wieder dicht (mit Ausnahme des unablässig tropfenden Boliers), hat die Waschmaschine ihren Betrieb aufgenommen, sind Kleiderbügel besorgt und die Kleider in den gereinigten Schränken eingeräumt, ist die Küche poliert und mit Grundnahrungsmitteln ausgestattet und ist der Wireless-Internetzugang des benachbarten Hotels geknackt. Kurz: Ich fühle mich jetzt rundum wohl und gerne füge ich der interessierten Leserschaft zu Hause unten einige Fotos der Wohnung an. Einige ausgewählte Leckerbissen handwerklichen Schaffens und Könnens hebe ich mir aber gerne noch für spätere Blogbeiträge auf.