Montag, 12. Oktober 2015

vom aufbau des neuen menschen...

Seit 2012 hatte ich mehrfach die Gelegenheit, sowohl beruflich wie auch privat nach Albanien zu reisen. Doch erst dieses Jahr habe ich zum ersten Mal die Nationale Kunstgalerie (Galeria Kombëtare e Arteve) in Tirana besucht. Das Betrachten der Gemälde hat bei mir sehr ambivalente Gefühle ausgelöst. Ein wahres Wechselbad zwischen Faszination, Abscheu und Schauder.

Der Kommunismus im Osten und der Kalte Krieg haben auch meine Jugendzeit geprägt. Der politische Grundtenor im Westen war damals ziemlich klar und alles Böse kam aus dem Osten. Auch die Berichterstattung in den Medien untermauerte dieses Bild. Und ohne Internet oder die Möglichkeit von Reisen in den Ostblock war eine neutrale Meinungsbildung praktisch nicht möglich. Erst meine Reisen nach Lateinamerika liessen mich um die Jahrtausendwende kritisch über gewisse Missstände und die Ungerechtigkeit des Kapitalismus nachdenken. Interessanterweise zu einem Zeitpunkt, zu welchem die Berliner Mauer schon lange gefallen war und auch die über 45 Jahre anhaltende Diktatur in Albanien schon über zehn Jahren zu Ende war.

Und genau dieser Hintergrund macht den Besuch des Kunstmuseums in Tirana so interessant und eindrücklich. Die riesigen Gemälde im Stil des sozialistischen Realismus zeigen das damalige Verständnis vom Aufbau eines neuen Menschen. Die Gleichberechtigung der Geschlechter und der technologischer Fortschritt als zentrale Themen der Gemälde wären ja grundsätzlich ganz positive Aspekte. Doch die düsteren Farben, die ernsten, versteinerten Gesichter und die Allgegenwart von Waffen und Uniformen wirkt zumindest auf mich doch sehr kalt, lebenswidrig und löst irgendwie ein beklemmendes Gefühl aus. Aktuelle Bilder aus Nordkorea huschen vor meinem inneren Auge vorbei. Die frische Luft und die weiten, offenen Plätze in Tirana bekommen mir beim Verlassen der Galerie gut. Und vor allem bin ich froh, dass auch der Aufbau dieses neuen Menschen mit dem Ende der Diktatur in Albanien ein Ende gefunden hat.

Und ja, ich gebe es zu. Trotz striktem Verbot zum Fotografieren konnte ich es nicht lassen, einige Gemälde mit dem Mobiltelefon abzulichten. Ein Klick auf das Bild oben bringt dich zu einer Auswahl an Gemälden aus der Galeria Kombëtare e Arteve.

Freitag, 26. Dezember 2014

indonesia at work ...

Mein Aufenthalt in Indonesien hatte einen beruflichen Hintergrund. Mit dem Titel auf Reisen erscheint es selbsterklärend, dass ich diesen Blog hier nicht mit beruflichem Kram strapazieren will. Gerne verlinke ich aber einige spannenden Bilder aus dem Ausbildungs- und Arbeitsalltag in Indonesien. Ein Klick auf das Bild bringt dich zur entsprechenden Galerie. Wer danach noch Lust hat, mehr über meine Spurensuche in einem Ausbildungszentrum in Bandung zu erfahren, der darf das gerne hier tun.

Donnerstag, 25. Dezember 2014

tangkuban perahu ...



Tataraaaa! So präsentiert sich der Ausblick in den Krater des Vulkans Tangkuban Perahu in Lembang. Trotz gedrängtem Programm habe ich mir die Zeit genommen, das "umgekehrte Boot", so die Übersetzung des Namens, rund 20 Kilometer nördlich von Bandung zu besuchen. Das geht ganz einfach, auch wenn es das Panoramabild nicht vermuten lässt. Ganz ohne Anstrengung und Schweiss erreicht man den Hauptkrater bequem mit dem Auto über eine gut ausgebaute Strasse. Der Tangkuban Perahu ist deshalb auch als "Drive-In-Vulkan" bekannt.

Oben angekommen, erwarten einem zahlreiche Händler mit kitschigen Souvenirs zu völlig überrissenen Preisen. Ein gewöhnungsbedürftiger Marktplatz im allgegenwärtigen Schwefeldampf des aktiven Vulkans. Und bestimmt gehören die Verkaufsbuden auch nicht zu den sichersten Arbeitsplätzen in der Umgebung. 2013 ist der Vulkan nach fast 30 jähriger Ruhe überraschend wieder ausgebrochen und schleuderte seine Asche hoch in den Himmel.

Trotz der touristischen Vermarktung finde ich, dass sich eine Besuch lohnt. Das Panorama auf den Hauptkrater mit rund 500 Meter Durchmesser ist atemberaubend. Besonders schön war dann auch der Abstecher zu den riesigen Teeplantagen links und rechts der Strasse nach Lembang weiter Richtung Norden. Sattes und saftiges grün, grün und noch mehr grün. Soweit das Auge reicht.

  
  

einer unter 240 millionen ...

Das Jahr 2014 neigt sich langsam dem Ende zu. Höchste Zeit also, meinen Reiseblog zu aktualisieren. Weil zusätzlich zu drei Reisen nach Kolumbien und mehreren Monaten in Albanien, durfte ich im September dieses Jahr zum ersten Mal nach Südostasien reisen. Dabei handelte es sich um eine einwöchige berufliche Reise in eine Bildungsinstitution in Bandung in Indonesien. Obschon der berufliche Auftrag natürlich im Zentrum dieser Reise stand, konnte ich einen ersten Einblick in ein Land und eine Kultur gewinnen, welche mir bis anhin völlig unbekannt und fremd waren.

Alles was ich vor meiner Reise von Südostasien kannte, waren Fotos von schönen Stränden und Reiseberichte von Bekannten und Freunden aus Thailand. In Bezug auf Indonesien beschränkte sich mein Wissen aber mehr oder weniger auf die Existenz eines solchen Inselstaates weit weg von Europa. Ok, da war irgendwo auch noch die vage Erinnerung an den schrecklichen Tsunami, der sich übrigens genau morgen zum zehnten Mal jährt.

Vor meiner Reise nach Indonesien habe ich mir wie immer einen Reiseführer gekauft und mich mit der Geschichte, der Geografie und der Kultur meiner Destination vertraut gemacht. Ich war wirklich unwissend und schäme mich aus heutiger Sicht fast ein wenig dafür. Auf jeden Fall staunte ich nicht schlecht über die Tatsache, dass Indonesien in Bezug auf die Bevölkerung mit seinen 240 Millionen Einwohnern nach China, Indien und den USA die Nummer 4 der Welt ist. Und Indonesien verteilt sich auf über 17'500 Inseln, wobei die west-östliche Ausdehnung über 5100 km beträgt. Wahnsinn, das ist mehr als doppelt so viel wie die Luftlinie zwischen Bern und Moskau! Und wenn wir schon bei der Geografie sind. Ich weiss jetzt auch, dass Sumatra, Java oder Bali zu Indonesien gehören. Inseln, die ich bis anhin vor allem mit Zigarren, Kaffee und Badeferien in Verbindung gebracht habe. Und im Fall von Bali war ich eigentlich auch der Meinung, dass es sich um ein eigenständiges Land irgendwo im Indischen Ozean handeln muss. Man lernt eben nie aus!

Bei meiner vorbereitenden Lektüre habe ich auch erstaunt zur Kenntnis genommen, dass Indonesien die grösste muslimische Bevölkerung der Welt darstellt. Rund 200 Millionen (88%) sind Muslime und der Rest teilt sich hauptsächlich auf Christen, Buddhisten und Hindus auf. Interessanterweise gilt der Islam aber nicht als offizielle oder einzige Staatsreligion. Die Verfassung schreibt lediglich die zwingende Zugehörigkeit zu einer der fünf grossen Weltreligionen vor. Obschon, dieser Zwang ist für mein westliches Denken ja nicht minder verwirrend.

Meine Reise nach Indonesien brachte mich übrigens in den Genuss einer weiteren persönlichen Premiere. Mein erster Flug mit einer Airbus A380. Die A380 der Singapore Airlines brachte mich von Zürich nach Singapur. In diesem Riesenvogel war ich einer von 555 Passagieren in drei Klassen. Imposant, obschon man als Passagier wegen der vielen Raumunterteilungen eigentlich nicht das Gefühl hat, im grössten Passagierflugzeug der Gegenwart zu sitzen. Einzig an den Schlangen und der Dauer beim Boarding lässt sich erahnen, wie gross dieses Flugzeug wirklich ist.

Mittwoch, 10. September 2014

vom autoexport ...

Vor zwei Wochen war ich beruflich wieder einmal kurz in Albanien. Aufgrund meiner inzwischen häufigen und auch längeren Reisen ins Land des doppelköpfigen Adlers ist mir Vieles inzwischen sehr vertraut und teilweise auch sehr ans Herz gewachsen. Die zwei Tage vergingen wie im Flug und neben einigen Meetings im neuen Projekt und einem unterhaltsamen Nachtessen mit einem Freund, blieb mir praktisch keine Zeit, um den Sommer, den wir dieses Jahr in der Schweiz so schmerzlich vermissen, etwas intensiver zu geniessen.

Auf der Heimreise durfte ich dann aber noch eine amüsante Geschichte erleben, die ich der Leserschaft nicht vorenthalten will. Auf der einen Seite unterstreicht sie zwar einige Klischees und Stereotypen, welche wir Westeuropäer von den Albanern haben. Auf der anderen Seite zeigt sie aber auch ganz eindrücklich, welche Mühen und Strapazen einige Leute für den Erfolg auf sich nehmen. Irgendwie beeindruckend.

Während dem Einchecken im Flughafen von Tirana werde ich von einem Flughafenangestellten angesprochen, ob ich wohl nach Zürich fliege? Auf meine Bestätigung fragt er dann in höflichem Englisch, ob er mich um einen Gefallen bitten dürfe? Doch noch bevor er seine Frage fertig formulieren kann, ertönt es von hinten schon in breitem und nicht ganz akzentfreiem Balkanslang "Hei, kasch dütsch?". Ich drehe mich um und mustere einen Mittvierziger mit kurzen, oder besser gesagt sehr kurzen Haaren, einem kleinen Wohlstandsbauch und gekleidet - wie könnte es anders sein - in einen Trainingsanzug. Mit einem breiten Lächeln fragt er mich: "Kasch du für mi Autonummero i d'Schwiiz neh?". Ich begreife die Situation nicht auf Anhieb, was der gut gelaunte Kosovare (ich schiele auf den Pass in seiner Hand) auch sofort bemerkt. Sofort erklärt er mir, dass er natürlich auch in die Schweiz fliege, schliesslich wohne er da. Da er aber über keinerlei Gepäck zum Einchecken verfüge, habe er ein Problem mit seinen Nummernschildern, die er leider nicht einfach so unter dem Arm in Flugzeug nehmen könne. "Weisch, Nummero von Sankt Gallen!", erklärt er mich, begleitet von einem bereiten Schmunzeln. Der Typ ist mir irgendwie sympathisch, seine Nummern schnell in meinem Koffer und gemeinsam beginnen wir unsere Rückreise über Ljubljana nach Zürich.

Während der Wartezeit bleibt genügend Zeit für einen ausgedehnten Schwatz. Meine Neugier über den Hintergrund des Überfluges von Schweizer Kennzeichen ist natürlich riesengross, aber ich halte mich zuerst vornehm zurück. Klar habe ich eine Vorahnung. Unweigerlich kommen mir die kleinen, mit Schreibfehlern gespickten Kärtchen in den Sinn, welche Autoexporteure in der Schweiz jeweils unter den Scheibenwischer von Veronikas alten BMW klemmen. Beim spendierten Kaffee erzählt mir der neu gewonnene Freund dann, dass er vor vier Tagen in der Schweiz mit einem Renault Clio abgefahren sei und diesen nun hier in Albanien verkauft habe. Stolz erklärt er mir, dass dies bereits der 38. Wagen gewesen sei, denn er nach Albanien oder in den Kosovo gefahren habe. Und übrigens seien kleine und ökonomische Wagen inzwischen viel gesuchter als all die alten Mercedes und BMW."Kasch guets Gäld mache!".

Spannend. Aber irgendwie habe ich das Businessmodell noch nicht verstanden. Schon gar nicht, wenn ich mir die Zeit und die Kosten für lange Fahrt in den Balkan und die Kosten für den jeweiligen Rückflug vorstelle. Nein, stellt er sofort klar. Normalerweise fliege er nicht und reise wesentlich billiger mit dem Bus zurück. Aber diesen Samstag müsse er wieder arbeiten. Wie bitte? Arbeiten? Bis zu diesem Zeitpunkt war ich davon ausgegangen, dass eben dieser Autoexport auch seine Arbeit sei. Weit gefehlt. Ich erfahre, dass er in einer Maschinenfirma in der Nacht- und Wochenendschicht an der Drehbank steht. Und da melde er sich dann immer für zusätzliche Überzeit, die er sich dann aber nicht auszahlen lasse, sondern die geleitete Überzeit kompensiere. Und diese Zeit nutze er dann, um Occasionsautos in den Balkan zu fahren.

Ich frage mich und mit etwas Überwindung auch ihn, ob denn der Lohn aus der Maschinenfabrik für ein gutes Leben nicht ausreichend sei? Doch, doch beruhigt er mich. Aber er habe eben schon noch etwas grössere Ambitionen für die Zukunft.  Und schliesslich sollten es seine beiden Kinder einmal besser haben. Aha, er hat also auch Familie.

Inzwischen sind wir im Warteraum in Ljubljana. Mein Angebot für ein Bier lehnt er dankend ab. Als Moslem trinke er keinen Alkohol. Er kauft sich dafür im Duty Free eine grosse Packung slowenischen Rauchschinken. "Händ guets Fläisch da!". Genussvoll drückt er das Fleisch ohne Brot herunter und gönnt sich danach noch ein Erdbeereis. Im Gespräch erfahre ich, dass er als Folge des Konflikts in seinem Heimatland seit 1998 in der Schweiz ist. "Hani viiiel und hart gschaffet". Allerdings habe er dafür heute ein Haus im Kosovo und eines in Albanien. Darüber hinaus habe er vor kurzem eine Fitnessstudio in Tirana eröffnet. Und wenn er jeweils ein Auto nach Albanien fährt, dann könne er gerade noch den Betrieb dieses Studios kontrollieren Und da er hier auch eine Haus habe, sei auch die Hälfte seiner Kleider hier. Klar, das begründet auch, weshalb er ohne Gepäck und nur mit den Kennzeichen reist. "Hani viiiel gschaffet, aber heute hani au viel!". Er strahlt über das ganze Gesicht. Und ich, ich mag diesem Arbeitstier seinen erlangten Wohlstand von Herzen gönnen, bin aber gleichzeitig dankbar und froh, dass wir unsere Leben nicht tauschen müssen.

Nach interessanten und lehrreichen fünf Stunden, ich kenne jetzt sämtliche Formalitäten und Tricks beim Export von Autos, stehen wir dann am Gepäckband im Flughafen Zürich. Mein Koffer kommt, ich gebe ihm seine Nummernschilder, ein kräftiger Händedruck und eine spontane und spannende Begegnung nimmt ihr (vorläufiges) Ende. Während ich diese Zeilen schreibe, steht er wahrscheinlich an der Drehbank oder ist mit einem Auto unterwegs Richtung Südosten.

Donnerstag, 21. August 2014

nicht zu verkaufen ...

... und auch nicht zu mieten! Solche Transparente habe ich in Bogotá an vielen älteren Gebäuden gesehen. Allerdings ist mir das Wörtchen "no" - die spanische Verneinung - lange gar nicht aufgefallen. Aufgrund des baulichen Zustandes der Gebäude und mit einem europäischen Filter vor den Augen war ich lange davon überzeugt, dass es sich jeweils um Verkaufsobjekte handeln muss. Bei uns werden die Liegenschaften schliesslich auch beschildert, wenn sie zum Verkauf stehen. Dazu kommt, dass auch auf den Plakaten in Kolumbien eine Telefonnummer für eine prangt.

Erst nach einigen Tagen und beim genaueren Hinschauen habe ich bemerkt, dass mich meine Wahrnehmung beschissen hatte. Und diese Entdeckung verwirrte mich. Ich fand es doch sehr sonderbar, dass die Kolumbianer diejenigen Häuser anschreiben, welche nicht zu verkaufen sind! Mein Nachfragen bei den lokalen Arbeitskollegen hat mir dann aber Klarheit verschafft. Und die Kollegen waren ob meiner naiven Fragerei etwa gleichsam verwirrt, wie ich zuvor. Einmal mehr ein Lehrstück aus der Kategorie, dass die Lösung eines Rätsels zwar extrem plausibel sein kann, aber aufgrund von kulturellen Differenzen eben doch nicht naheliegend.

Man liess mich nämlich wissen, dass diese Beschilderungen dem Schutz der potenziellen Käufer dienen. Denn wären die Häuser nicht als unverkäuflich markiert, würden diese Objekte sofort von "vermeintlichen" Maklern verhökert, welche weder rechtmässige Besitzer der Liegenschaft sind, noch über einen offiziellen Auftrag zum Verkauf haben. Zweifelsohne ein gewieftes, wenn auch dreistes Businessmodell. Ok, das habe ich verstanden. Für mich bleibt also lediglich die Frage offen, ob auch der Rückkehrschluss zulässig ist und folglich alle nicht beschilderten Häuser zu kaufen sind? Aus Respekt und Nachsicht mit meinen Arbeitskollegen habe ich diese Frage aber nicht auch noch gestellt.

Montag, 18. August 2014

über den gotthardpass ...

Seit nunmehr fast 5 Jahren schreibe ich in diesem Blog Geschichten und über Eindrücke von unseren Reisen. Obschon wir eigentlich auch ziemlich viel in der Schweiz unterwegs sind, habe ich unserem Heimatland bis heute keinen einzigen Beitrag gewidmet. Eigentlich absolut zu Unrecht, denn die Schweiz hat weiss Gott wirklich ganz viel zu bieten. Dieser Missstand soll jetzt endlich behoben werden.

Ende Juli fuhren wir wieder einmal für ein paar Tage ins Tessin. Das Wetter war zwar wie bereits der ganze Sommer hundsmiserabel, aber wir genossen die Ruhe und Abgeschiedenheit im Rustico einer Verwandten trotzdem sehr.

Schon vor der Abfahrt war für uns klar, dass wir den alltäglichen Stau in der Sommerzeit vermeiden und seit langem wieder einmal über den guten alten Gotthardpass fahren wollten. Diese Intension liess sich ausserdem hervorragend mit Plan kombinieren, unterwegs noch einige Geocaches zu suchen. Nach einem Halt an der Teufelsbrücke und einer Bratwurst auf dem Hospiz war es trotz bedecktem Himmel ein Hochgenuss, praktisch ohne Gegenverkehr die alte Passstrasse Tremola Richtung Süden zu befahren. Unweigerlich kamen Erinnerungen an die Kindheit hoch. Eine Zeit, in welcher es noch keinen Tunnel für den Strassenverkehr durch den Gotthard gab und noch jedes fünfte Auto mit kochendem Motor auf der Passstrasse stehen blieb. Die Tremola ist wahrlich ein imposantes Meisterwerk aus den Anfängen des vergangenen Jahrhunderts

  

Ganz speziell war dann auch der Abstecher zum Bunker Fieudo auf unserer Rückfahrt in den Norden. Dieser Infanteriestützpunkt aus Granit und mit polygonalem Grundriss stammt aus dem Jahr 1905 und gehört zur Festung Motto Bartolo. Unweigerlich sind uns da natürlich wieder die Parallelen zu all den Bunkern in Albanien in den Sinn gekommen, welche ich früher bereits an dieser Stelle beschrieben habe. Der Aufstieg zum Bunker auf 2130 Meter war in kalten Wind zwar nicht ganz ohne. Oben angekommen wurden wir dann aber einerseits mit dem Fund eines Geocaches belohnt und andererseits gewährte uns dieser Standort eine atemberaubende Aussicht auf die Tremola, welche wir einige Tage zuvor befahren hatten.

Ach ja. Und ebenfalls absolut besuchenswert ist die Kirche San Martino im hübschen Dorf Calonico. Neben der spektakulären Lage der Kirche auf einem Felsvorsprung hoch über der Leventina soll dieser Ort übrigens auch ein spezieller Kraftort sein...


Samstag, 7. Juni 2014

die geschichte von den fröschen ...

In der Nähe meiner Wohnung befindet sich ein grösserer Tümpel. Zum Glück nur in der Nähe und nicht unmittelbar daneben. Denn was sich da zu nächtlicher Uhrzeit abspielt, ist für Naturfreunde zwar ein akustischer Hochgenuss, für die unmittelbaren Nachbarn aber sicherlich der Horror. Doch hört euch doch das folgende Nachtvideo selber an:



Offenbar hatten die Nachbarn dann vor rund zwei Wochen doch genug von diesem nächtlichen Froschkonzert und haben das Problem auf die harte Tour angepackt. Mit einem Generator und einer grossen Pumpe wurde die Kloake während rund 20 Stunden in den nächstgelegenen Kanalisationsschacht gepumpt. Am folgenden Tag präsentierte das "Naherholungsgebiet" dann seinen wahren Hintergrund. Es handelt sich um ein Fundament und ganz offenbar, und wie so oft in Albanien, ist der Bauherr wohl bereits in einer frühen Bauphase in einen Liquiditätsengpass geraten.



Mit Sicherheit hat der eine oder andere Quacker bei der Pumpaktion sein Leben gelassen und die ersten Nächte war es ruhig im Quartier. Aber warum auch immer wurde der Tümpel nicht vollständig trocken gelegt. Übrigens ein weiteres Phänomen, welches hier häufig zu beobachten ist. Mit Enthusiasmus und grossem Eifer wird eine Arbeit angegangen, um sie dann halbfertig liegen zu lassen. Entsprechend war auch die Ruhe nur von kurzer Dauer. In den letzten Nächten habe ich mit einem Schmunzeln festgestellt, dass sich die Frösche langsam aber sicher ihr Zuhause zurück erobern. Und sollte es in den nächsten Tagen noch etwas Regen geben, ist definitiv wieder alles beim Alten. Obschon, eigentlich ist es mir ein Rätsel, wie Frösche in einer solchen, mit Müll gefüllten Kloake überhaupt überleben können. Die Evolutionstheorie lässt grüssen!

Donnerstag, 5. Juni 2014

auf dem llogara pass

  

Ein weiterer Höhepunkt unseres Ausflugs in den Süden von Albanien war ohne Zweifel auch die Fahrt auf den Qafa Llogara. Mit neunen Einspritzpumpen und alter Motorkraft waren wir für die Fahrt auf den 1027 Meter hohen Pass bestens gerüstet. Das konnten lange nicht alle von sich behaupten und schon auf dem untersten Drittel passierten wir mehrere überhitzte oder defekte Mercedes. Ein Anblick, welcher mich an meine Kindheit und die Autofahrten über den Gotthard in die Sommerferien erinnerte. Bei uns trifft man das inzwischen ja nur noch ganz selten an. Obschon in Albanien extrem viele teure Karossen gefahren werden (und man sich ab und zu schon fragen kann, wie die das bezahlen), sind viele davon verhältnismässig schlecht gewartet und stossen oft dicken, schwarzen Qualm aus, weil qualitativ schlechtes und ab und an auch mal Diesel statt Benzin oder umgekehrt getankt wird.

Von Norden her führt die Strasse durch schöne Wälder hoch zur Passhöhe. Ab und zu hat die Strasse tiefe Risse, ist der Asphalt ganz weggebrochen oder weggeschwemmt oder es gilt andere unerwartete Hindernisse zu umfahren (vgl. Foto). Aber man hat eigentlich nicht wirklich das Gefühl, dass man von Meereshöhe her kommend auf über 1000 Meter hoch fährt. Das wird einem aber dann sofort klar, wenn man auf der Passhöhe angekommen ist. Das Panorama und die Aussicht auf das ionische Meer und die Insel Korfu sind schlicht überwältigend. Und dass man hier schon nahe Griechenland ist, bemerkt man auch am "Willkommen in Griechenland" SMS von Swisscom. Im Süden fällt dann der Pass steil zum Meer ab. Auf diesem Abschnitt wähnt man sich dann definitiv wie auf einer Passstrasse in der Schweiz.

Aus Zeitgründen fuhren wir nur einige Kilometer hinunter, um einmal mehr einen Cache zu suchen. Das Wochenende sollte uns bezüglich Geocaching aber kein Glück bringen und wir haben auch diese Dose nicht gefunden. Dafür hat uns das GPS zu einer etwas versteckten, von der Strasse nicht einsehbaren Plattform mit einem grossen alten Bunker geführt. Ein weiterer skurriler Zeitzeuge eines düsteren Kapitels der jüngeren albanischen Geschichte. Auf der Rückfahrt kauften wir dann am Strassenrand noch feinen Honig. Zur grossen Freude von Veronika schenkte ihr der freundliche kleine Honigverkäufer noch einen Sack mit dem, von ihr so geliebten Qaj Mali (Bergtee)!

  

Mittwoch, 4. Juni 2014

geburtstag im kalten wasser ...

Keine Panik. Die Geburtstagsfeier von Veronika ist nicht ins kalte Wasser gefallen. Kaltes Wasser ist lediglich die deutsche Übersetzung der Ortschaft Uji i Ftohtë, wenige Kilometer südlich von Vlorë. Und genau hier haben wir uns auf unserem Wochenentrip für die Nacht niedergelassen. Irgendwie fühlten wir uns einem Moment fast wie im Tessin. Eine kurvige Strasse führt dem Ufer entlang durch kleine Dörfer mit unzähligen Restaurants, die in den ziemlich steilen Hang hinein gebaut wurden. Eben fast wie wenn man dem See entlang von Lugano über Gandria nach Italien fährt. Allerdings ist es hier kein See, sondern das Mittelmeer am Scheidepunkt zwischen der Adria und dem Ionischen Meer. Bei unserer Ankunft im spontan ausgewählten netten kleinen Hotel Zhironi konnten wir bei einem kühlen Bier gerade noch den spektakulären Sonnenuntergang geniessen. Das Hotel ist übrigens in Wirklichkeit noch viel hübscher als seine Webseite, obschon auch da schöne Fotos zu sehen sind. Dem kühlen Bier folgten zwei, drei weitere und schliesslich ein ganz feines Nachtessen auf der coolen Terrasse des Hotels. Schwatzend und philosophierend vergingen die Stunden in Windeseile und Veronikas Geburtstag nahm trotz erlebnisreichem, mit Zwischenfällen gespicktem Tag doch noch ein gebührendes Ende.

Die ganze Schönheit dieser Gegend offenbarte sich uns dann aber am Sonntagmorgen beim ersten Blick aus dem Fenster unserers Zimmers. Das Wasser ist hier so sauber und klar, dass man die Fische darin noch aus grosser Entfernung von blossem Auge erkennen kann. Am liebsten wären wir gleich einige Tage geblieben, aber für den Sonntag stand noch ein weiterer Höhepunkt auf dem Programm und am Montag musste ich schliesslich wieder zur Arbeit. Veronika und ich waren uns aber sofort einig. Wenn irgendwie möglich, kommen wir gerne wieder einmal zurück ins kalte Wasser :-)