Donnerstag, 31. Dezember 2009

quer über den lago de nicaragua ...

Am 28.12 ging es von der Insel Ometepe quer über den Lago de Nicaragua , dem grössten See in Zentralamerika mit einer Fläche von über 8000 km². Nur schon wegen seiner Grösse ist diese Reise natürlich nicht vergleichbar mit einem Ausflug auf dem Thunersee. Gepaart mit den grundsätzlichen Unterschieden, wie man in Nicaragua zu reisen pflegt, war das aber ein Trip, den wir bestimmt nicht so schnell vergessen werden.

Auf dem Lago de Ncaragua verkehrt, man höre und staune, genau ein Schiff mit regulärem Fahrplan. Dieses fährt (oder schifft) zweimal wöchentlich von Granada nach San Carlos und macht auf seiner Fahrt einen Halt auf Ometepe. Die Tickets können nicht im voraus gekauft werden, aber gemäss mehrfach verifizierter Auskunft von Einheimischen hat es immer Platz. Es sei einfach ratsam, am Reisetag bereits um 17.00 Uhr, also eine Stunde vor der geplanten Abfahrt am Hafen zu sein, wo dann auch die Tickets gekauft werden können. Alles klar! Also bestiegen wir um 13.30 Uhr den klapprigen und bereits bis zum Bersten gefüllten Bus in Santo Domingo, der uns in einer Stunde ins rund 8 Kilometer entfernte Altagracia gefahren hat. Ja, richtig gelesen - 8 Kilometer in einer Stunde! Diese Strasse (oder besser Schotterpiste) gehört bestimmt zu den Top 10 der lausigsten Strecken der Welt! Hätten wir nicht das ganze Gepäck dabei gehabt und hätte das Thermometer nicht 35 Grad angezeigt, so wären wir zu Fuss bestimmt schneller gewesen.

Um 14.30 Uhr sind wir also in Altagracia angekommen und unser Plan war es, nach einem kühlen Drink in einer netten Beiz dann ein Taxi zum rund 2 Kilometer entfernten Hafen zu nehmen. Nette Restaurants sind in diesem Ort aber echte Mangelware und deshalb gesellten wir uns zusammen mit etwa 5000 Moskitos in die einzige Knelle beim Parque Central, um mit einer kalten Cola wenigstens den Staub der Busfahrt herunterzuspühlen. Am Nachbartisch waren weitere drei Gringos mit ihrem Gepäck und unsere Vermutung, dass auch die Drei auf dass Schiff wollten, erwies sich bei unserer Rückfrage schnell als richtig. Es gibt eigentlich auch keinen anderen Grund, sich bei brütiger Hitze und mit samt dem Gepäck in dieser Beiz die Zeit um die Ohren zu schlagen. Auch unsere drei neuen Freunde (ein belgisches Ehepaar und ein Franzmann) waren auf der Suche nach einem Taxi an den Hafen, denn sie waren diesen Weg am Vortag mit der unerfüllten Absicht Ticktes zu erwerben, bereits einmal zu Fuss gegangen. Nur leider gibt es in Altagracia offenbar keine Taxis und die Zeit verstrich ziemlich schnell, während die Nervosität aller Anwesenden merklich stieg. Das hat offenbar auch die Serviceangestellte in der Beiz bemerkt und hat uns gelassen geraten, uns mit dem Gepäck einfach einmal an die richtige Ecke des Parkes zu stellen, wo uns dann bestimmt jemand fragen würde, ob wir an den Hafen wollten. Aha, alles klar. Gesagt, getan. Bereits nach wenigen Minuten hat uns eine Frau angeboten, für einen Dollar pro Person einen Transport an den Hafen zu organisieren. Das Angebot haben wir natürlich gerne angenommen und nach drei Telefonanrufen (notabene über ein Handy) und 5 Minuten Wartezeit fuhr ein Büssli vor, das uns über eine weitere Schotterpiste an den Hafen brachte, wo wir dann etwa um 16.00 Uhr eingetroffen sind. Geschafft, jetzt einfach noch Tickets kaufen, aber... der Schalter war noch geschlossen. Die Anwesenheit von rund 50 Nicaraguensen und einigen weiteren Touristen (teilweise bachnass, weil sie den Weg zu Hafen zu Fuss gegangen sind), liess uns sicher sein, dass dann schon einmal ein Schiff fahren würde.

Nur wenige Minuten später öffnete dann dieser ominöse Schalter tatsächlich und ich stellte mich zusammen mit dem Franzmann und der Belgierin in die Schlange, während Vroni und der Belgier ein wachsames Auge auf unserem Gepäck hatten. Und einmal mehr dauerte die Abfertigung gaaaaanz, gaaaaaanz lange. Kein Wunder, als wir dann an der Reihe waren, wurden wir Zeugen, wie der Angestellte hinter dem Schalter nach dem Vorweisen der Pässe, neben den Tickets etwa 5 weitere Listen von Hand ausgefüllt hat. Auf einer Liste musste der arme Teufel auch das Alter der Passagiere ausfüllen, welches er mit dem Geburtsdatum aus dem Pass, dem aktuellen Datum und mit einem Taschenrechner mühsam ermittelt hat! Um ganz sicher zu gehen und ja keinen Fehler zu machen, hat er das Prozedere dann noch einmal wiederholt. Dabei hat er auch erstaunt festgestellt, dass der Belgier just heute seinen 58. Geburtstag hat, was auch wir erfreut zur Kenntnis genommen haben. Nach einer weiteren Stunde waren wir dann stoltze Besitzer von Tickets in der Primera Clase, auf dem oberen Deck des Schiffs, welches dann sicher einmal kommen würde.

In einem der wenigen Häuser (oder besser Barracken) am Hafen konnten wir uns einen Tisch mit fünf Stühlen ergattern. Offenbar war es soetwas wie eine Beiz, denn die nette Hausbesitzerin versorgte uns gegen Bezahlung eines Trinkgeldes mit feinen Enchilladas und kühlem Bier. Gemütlich konnten wir auf den Geburtstag des Belgiers anstossen und es entwickelte sich ein lustiger, angeregter und interessanter Schwatz. Das Ehepaar hat wohl schon fast die halbe Welt bereist und der Franzmann arbeitet in einem Entwicklungsprojekt in Nicaragua. Die Zeit verflog wie im Fluge, es wurde bereits dunkel, die Uhr zeigte 19.00 Uhr, aber vom Schiff war weit und breit noch nichts zu sehen.

Etwa um 19.30 Uhr legte dann endlich ein Schiff am Dock an und vor dem Gitter zum Hafen, bildete sich eine Schlange mit den Passagieren, die nun endlich das Schiff besteigen wollten. Zuerst mussten aber natürlich noch diverse Waren wie Holz, Kühlschränke, Klimaanlagen, Motorräder und ziemlich viele Bananen ab- und neue wieder eingeladen werden. Und das dauert dann gut und gerne einmal 45 Minuten, immerhin wird hier alles von Hand erledigt. Aber um 20.30 Uhr konnten wir dann das Schiff tatsächlich besteigen und gespannt stiegen wir die Treppe hoch in die Primera Clase. Bereits kurz nach dem Ablegen wurde uns allen schnell klar, dass es eine spezielle und lange Nacht geben würde. Wir hatten die Wahl. Entweder, man ergatterte sich einen Platz auf den Bänken in der Kabine. Diese war durch eine Klimaanlage auf etwa 15 Grad heruntergekühlt, hell beleuchtet und am lauten Fernseher wurden die ganze Nacht, unabhängig von den vielen anwesenden Kindern, die brutalsten Kriegsfilme gezeigt. Als Alternative standen die Liegestühle auf dem Deck zur Verfügung. Dort war es zwar nicht ganz so kalt, dafür bliess einem ein heftiger Wind um die Ohren und so alle zwei Minuten wurde man von der Gischt der Wellen kurz geduscht. Nachdem wir wieder einmal alle unsere wärmsten Kleider aus den Rucksäcken gekramt hatten, entschied sich Vroni und der Franzmann für den Kühlschrank (= Kabine) und Stephan mit dem belgischen Ehepaar für die Dusche (= Deck). Und wir haben sogar geschlafen, zwar nicht sooooo gut, aber doch einige Stunden. Ich habe mir aber schon gedacht, dass es bessere Möglichkeiten gibt, seinen 58. Geburstag zu verbringen, als auf diesem Schiff. Aber der Belgier hat das wirklich mit einer bewundernswerten Gelassenheit genommen.

  

Um 07.30 Uhr am nächsten Tag haben wir dann San Carlos erreicht. Diese Stadt ist noch hässlicher als Bluefields, der übelste Ort, den wir bisher auf unserer Reise angetroffen haben. Eigentlich gibt es nur zwei Gründe, um nach San Carlos zu fahren. Entweder, man will auf die Insel Solentiname, oder man will über die Grenze nach Costa Rica. Während unsere neuen Freunde Variante 1 geplant hatten, entschieden wir uns für Costa Rica. Nach einem gemeinsamen Frühstück verabschiedeten wir uns von unseren Leidensgenossen und stellten uns vor der Holzbarracke der Migracion von Nicaragua in eine weitere Warteschlange, um unsere Pässe ordnungsgemäss abstempeln zu lassen und anschliessend mit einem Boot auf dem Rio Frio nach Costa Rica zu gelangen.

Wir bedanken uns an dieser Stelle ganz herzlich bei Rolf, unserem Sponsor dieser unvergesslichen Schifffahrt. Du kannst uns glauben, wir haben in dieser Nacht viel an Dich zu Hause in Deinem wunderschönen warmen Bett gedacht.

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