Sonntag, 1. Juni 2014

auf nimmerwiedersehen fier ...

Glück und Unglück liegen manchmal nahe beieinander. Treffende könnte man den Ausflug vom vergangenen Wochenende gar nicht beschreiben. Doch jetzt schön der Reihe nach. Auf Anlass von Veronikas Geburtstag beschlossen wir, endlich einmal in den Süden von Albanien zu fahren. Mit von der Partie waren auch Tobi, ein Zürcher und ehemaliger Arbeitskollege von Stephan, der immer noch in Albanien weilt und Sarah, eine deutsche Kollegin von Tobi, die hier ebenfalls irgend in einem Projekt der Entwicklungszusammenarbeit tätig ist. Unser erstes Ziel war Fier (albanisch auch Fieri), eine Stadt in Mittelalbanien, deren Sehenswürdigkeiten im Reiseführer gerade einmal zwei Zeilen füllen. Der Grund für unseren Zwischenhalt in Fier war ein Geocache, der bis dato noch von niemandem gefunden wurde.

Also los, GPS ein und immer Richtung Nullpunkt. Eine erste Parkiergelegenheit hat Stephan mit dem Kommentar verschmäht, dass es sicher noch bessere Möglichkeiten näher am Nullpunkt gibt. Schliesslich sind wir in Albanien und da ist Laufen nicht wirklich im Trend. Und siehe da, am Rand der Hauptstrasse hatte es mehr als genügend freie Plätze. Rückblickend hätten wir eigentlich ob diesem Umstand schon skeptisch werden müssen. Wie dem auch sei. Die Suche nach dem Cache blieb leider erfolglos. Zu viele Leute tummelten sich an diesem Samstag auf den Strassen und uns fehlte schlussendlich der Mut, noch länger frech um fremde Häuser herumzuschleichen. 15 Minuten später waren wir also wieder bei unserem Auto und stellten verwundert fest, dass diesem am Vorderrad eine Radkralle als Wegfahrsperre verpasst wurde und zwei illustre Gestalten in komischen Uniformen beim Auto standen. Und als ob das nicht schon genug wäre, näherte sich auf der Gegenfahrbahn bereits ein grosser Abschlepplaster.

Nachdem nach einigen Minuten noch ein weiterer Uniformierter aufgetrieben wurde, der wenigstens gebrochen Englisch sprach, wurde uns erklärt, dass wir ohne gültiges Ticket geparkt hätten. Und das ausgerechnet in Albanien. In einem Land, in welchem jeder gerade parkt, wie und wo es ihm passt. Freundlich wurden wir auf das Schild aufmerksam gemacht, welches diese Regel offenbar kund tut. Dumm nur, dass es von der Strasse aus, hinter Bäumen und abgewendet zum Trottoir gar nicht zu sehen, verschweige denn zu lesen war. Uns bleibt bis heute zudem schleierhaft, wo denn diese Parktickets zu lösen wären. Parkautomaten haben wir in Albanien jedenfalls noch nie gesehen. Der nette Uniformierte informierte uns schlussendlich, dass wir das Parkticket und eine Busse zu bezahlen hätten, womit sich die Summe auf 40 Euro belaufe! Das war dann zu viel des Guten für Stephan und er rief einen albanischen Arbeitskollegen an, der sich als Logistikverantwortlicher die Klärung spezieller Situationen gewohnt ist. Das Handy wurde den Sicherheitsleuten (die keine Polizisten waren) weiter gereicht und nach mehreren Minuten heftiger Argumentation war der Betrag dann auf 3000 Lekë oder rund 20 Euro halbiert, um damit mindestens den bereits angerückten Abschleppwagen zu bezahlen.

Fier wird uns für ihren rechtlich vielleicht korrekten, in Bezug auf die Gastfreundlichkeit aber eher unbeholfenen Empfang nicht besonders symphytisch in Erinnerung bleiben. Daran vermögen sicher auch die, man möge mir die Wortwahl verzeihen, hässlichen Überbleibsel aus vergangenen Zeiten nichts zu ändern. Während der kommunistischen Diktatur war Fier eine wichtige Industriestadt. Unmittelbar am Stadtrand ragen noch heute die Kamine des ehemaligen Kombinats zur Düngerproduktion und die Kühltürme der thermischen Kraftwerke in den Himmel. Eine skurrile, düstere und irgendwie doch faszinierende Szenerie. Die Anlagen sind zum Glück seit 2007 nicht mehr in Betrieb. Und trotzdem. Der Boden ist immer noch komisch gefärbt, einige Rohre auf dem Areal dampfen nach wie vor und ein komischer Geruch liegt in der Luft. Tragisch für all die Leute, die in unmittelbarer Umgebung der Anlage wohnen (müssen). Man sollte niemals nie sagen, aber nichts Ausserordentliches eintritt, dann sagen wir getrost auf Nimmerwiedersehen Fier.

  

Die alten Industrieanlagen haben offenbar auch schon bei anderen Reisenden einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Einer davon ist sogar extra noch einmal nach Fier zurückgekehrt und hat dabei eindrückliche Fotos gemacht, die er in seinem Blog publiziert.

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